„Firmen sollen bei langzeitarbeitslosen Bewerbern kompromissbereit sein“

18.01.2017

Jobcenter der Stadt Münster

„Tragen Sie dazu bei, dass Menschen durch einen Job zurück in die Gesellschaft kommen und in der Lage sind, für sich zu sorgen.“ Beim Business Breakfast der Wirtschaftsförderung Münster appellierte Jobcenter-Leiter Ralf Bierstedt vor 120 Gästen an die Bereitschaft der hiesigen Unternehmen, auch entsprechend qualifizierten Arbeitssuchenden mit Hartz IV-Bezug eine Chance zu geben. Als „Arbeitsmarktpartner, Dienstleister und Mittler“ leiste die städtische Behörde umfangreiche Hilfestellung.

WFM-Geschäftsführer Dr. Thomas Robbers nannte die Arbeit des Jobcenters, das sich im Spannungsfeld zwischen Qualifikations- und Persönlichkeitsprofilen von Arbeitsuchenden und den Bedarfen von Firmen bewegt, eine wichtige Aufgabe. Mit mittlerweile mehr als 160.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einer Arbeitslosenquote von nur 5,4 Prozent sei Münster zwar ein starker Wirtschaftsstandort. „Die niedrigste Arbeitslosenquote in NRW darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch zu viele Menschen ohne Job von der Arbeitsagentur und dem Jobcenter betreut werden.“
In Münster sorgen sich zirka 300 Jobcentermitarbeiter, so Bierstedt, um die Sicherung des Lebensunterhalts und die Eingliederung in Arbeit von Menschen, die in das Harz IV-System kommen. Das ist in der Regel nach einem Jahr ohne Arbeit der Fall. Die Bilanz, seitdem die Stadt Münster diese Aufgabe in Eigenregie wahrnimmt: „In den vergangenen fünf Jahren ist es gelungen, zirka 15.000 Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu begleiten“.
Zurzeit empfangen in Münster zirka 21.000 Menschen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, landläufig als Harz IV bezeichnet. Die Gruppe setzt sich aus 14.700 erwerbsfähigen Leistungs-beziehern und 6.300 nicht erwerbsfähigen Menschen, insbesondere Kinder, zusammen. „Die Sicherung des Lebensunterhalts bzw. ALG II, die Unterkunft und die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit kosten 160 Millionen Euro im Jahr auf. Ein großer Teil wird durch den Bund erstattet.“
Die Problematik: „Je länger jemand in der Arbeitslosigkeit ist, umso schwieriger ist es, ihn herauszulösen und für den sich ständig wandelnden Arbeitsmarkt fit zu machen“, sagte Bierstedt. Doch das Jobcenter nimmt sich dieser Herausforderung an: Durch gezielte Arbeitgeberberatung, Vorauswahl, Qualifizierung und Coaching von Arbeitssuchenden sowie Fördermöglichkeiten. „Unternehmen hätten am liebsten qualifizierte Bewerber, die flexibel und belastbar sind, alle Soft Skills mitbringen und sich im Job weiterentwickeln. Das Jobcenter betreut Menschen, die nicht oder teils qualifiziert sind und unter Umständen in einer schwierigen Lebenssituation stecken.“
Bierstedt wünscht sich eine „Kompromissbereitschaft der Unternehmen, die Menschen das Heranführen an den Arbeitsmarkt ermöglichen“. Den Einstieg erleichtern unter anderem Praktika, die Probebeschäftigung sowie eventuelle Förder¬maßnahmen und Eingliederungszuschüsse.
Robbers erklärte, dass zur Eingliederung von Arbeitssuchenden nichts unversucht bleiben sollte. Als Kooperationspartner befürworte die Wirtschaftsförderung solche Angebote und unterstütze das Jobcenter durch seine intensiven Kontakte zu Firmen und Netzwerken.